„Wie ich den 1. August in Berlin erlebte…“ – Ein Pastor gibt seine Eindrücke der ersten Großdemo in Berlin gegen die Maßnahmen wieder

„Wie ich den 1. August in Berlin erlebte…“ – Ein Pastor gibt seine Eindrücke der ersten Großdemo in Berlin gegen die Maßnahmen wieder

 


Einige Eindrücke zu später oder morgendlicher Stunde:

Unvergessliches Erlebnis – das Volk war auf der Straße – so habe ich es zuletzt November 1989 erlebt! Damals war ich angehender Pfarrer  ( 29 Jahre) , heute 31 Jahre später bin ich mit meinen Kindern (21 und 25 Jahre)  und einem Freund, einem Benedektiner-Mönch  (69 Jahre)  dabei gewesen und bin zu tiefst dankbar dafür!
Damals – 1989 – sollen 400 000 auf dem Alex gewesen sein, heute waren es weit mehr als doppelt soviel! Ich habe noch nie soviel Menschen aufeinmal gesehen! Unvergesslich!
Durchweg waren die Demonstranten friedlich, gut gesonnen, konstruktiv.  Ich sah viele Regenbogenfahnen, nur eine Reichskriegsfahne.

Hochachtung vor den Organsisatoren: Exquisit, verantwortungsvoll, immer wieder zur Besonnenheit aufgerufen!
Einmalig durch die Ordner begleitet! Jede Demokratie könnte stolz und dankbar für solche Menschen sein!

Zu Beginn ein langer, ich schätze 10 km führender Gang durch die Stadt, trotz Hitze alles dabei: eine 84 jährige Oma aus Eisenach schenkte mir eine Blume, Familien, Verkäuferinnen, Ärzte, Rechtsanwälte, ein türkischer Koch, Byker aus München, Lehrerinnen, unzählige Jugendliche, Studenten, muslimische Frauen, immer wieder Ehepaare und Familien aus allen Bevölkerungsschichten – ich habe soviel nette und tolle Leute kennengelernt!
Von einem solchen Publikum kann ein Kirchentag nur träumen! Dann wären wir Volkskirche!
Tolle, phantasievolle Plakate!  Manchmal mußte ich herzhaft lachen.

Geradezu witzig waren die Gegendemonstrationen, soviel ich weiß von Antifa, SPD und „Omas gegen Rechts“. Mir sind sie an 3 Stellen begegnet. Das waren insgesamt nicht mehr als 200 Leute! Sie erinnerten mich an die bestellten Stasi-Leute im Herbst 1989. Bewegend als der große Demonstrationszug auf die beleidigenden, flätigen Ausfälle und das Zeigen des Stinkefingers zu den Gegendemonstranten reagierte mit den Worten: „Nazis raus!“

Mit unzähligen Leuten habe ich mich unterhalten. Sie waren völlig baff, als sie hörten, dass ich Pfarrer bin. „Die Kirche schläft total“ war der Grundtenor! 6 Leute haben mir erklärt, dass sie so enttäuscht sind über das Verhalten der Kirche, dass sie in den letzten 4 Wochen ausgetreten sind. In der DDR und vorallem im Herbst 1989 hätten sie Kirche ganz und gar anders erlebt!  Ich war traurig.  Ich habe mich geschämt.
2 Lehrerinnen erzählten mir, dass sie aus der SPD ausgetreten sind, 1  Augsburger  Rechtsanwalt berichtete  mir  von seinem Austritt aus der CSU.

Am Rande des Umzugs beobachtete ich, wie ein RBB-Team versuchte Menschen anzusprechen und nach den Beweggründen ihrer Teilnahme zufragen. Die Menschen lehnten ab und ich hörte wiederholt die Begründung: „Ihr habt uns gestern als Corona-Leugner und Rechtsradikale verunglimpft. Mit Euch sprechen wir nicht.“ Ich ging daraufhin zu dem Team und erklärte meine Beweggründe: Daß ich im Frühjahr 3 Beerdigungen hatte von Menschen, die nicht an oder mit CORONA; sondern seelisch vor Einsamkeit zu Tode verkümmert sind und das ich das für eine menschliche Gesellschaft für unwürdig halte. Ich erzählte ihnen, dass meine Frau statt mit 25, mit 35 Teilnehmern in die Sommerfreizeit fuhr, weil die Eltern seelig waren, dass endlich irgendetwas mit ihren Kindern veranstaltet wurden und diese Gemeinschaft erfuhren. Ich erzählte ihnen, das zuvor das Brandenburgische Ministerium für Bildung, Jugend und Sport großartige Förderung für jedes Kind von 30 € pro Tag angekündigt hatte. Und als es um die Klärung der Formalita ging, war keiner zuständig und trotz mehrfacher Anrufe und Mails meinerseits bekam ich nicht einmal eine Antwort!!! Bis heute nicht!!!! (Anmerkung: der Landkreis Uckermark übernahm einen kleinen Anteil der Kosten, den großen Brocken tragen unsere kleinen Landgemeinden!) Ich erzählte ihnen, dass ich in der unmittelbaren, sowieso schon gebeutelten Umgebung den Niedergang von 2 Gasthöfen und jeglicher Kultur erlebte……Ich sagte Ihnen auch, dass ich die Diffamierung der Teilnehmer als Corona-Leugner und Rechtsradikale schmerzlich und für unverantwortlich halte!
Bereits um 14.30 Uhr meldeten  „Öffentliche “ Medien  völlig lächerliche Teilnehmerzahlen und den Abbruch der Demonstration. Tatsächlich erfolgte der Abbruch erst ca. 2 Stunden später. Ich hatte das Gefühl, das er geplant war. Man hatte Angst, dass noch mehr Menschen kommen! Völlig unnötig, unverhältnismäßig erfolgte dieser Abbruch durch die Polizei. (Vorallem wenn ich an die BLM-Demonstrationen denke)

Die Menschen ließen sich nicht durch die massenweise provokant aufmarschierende bewaffnete Polizei beirren. Ich war und bin immer ein Freund der Polizei gewesen. Ich habe erlebt im Herbst 1989, wie die Polizei sich hinter das Volk stellte. Heute hat mich die Polizei tief enttäuscht. Das die Demonstration nicht eskaliert ist, ist der besonnenen Lenkung der Organisatoren und der Reife der Demonstranten zu verdanken!
Für mich tief ergreifend, berührend und hoffnungsvoll, als in der angespannten Atmosphäre Herr Dr. Schiffmann  ( einer der Organisatoren)  laut und öffentlich das Vaterunser betete!!!!
Thomas Dietz

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