Heribert Prantl: Selbstverzwergung des Bundestages beenden!

Der engagierte evangelische Christ und Träger eines theologischen Ehrendoktortitels Heribert Prantl, langjähriger Leiter des Ressorts Innenpolitik und Mitglied der Chefredaktion der Süddeutschen Zeitung, hat eine Meinungskolumne verfasst, in der er den Politikern des Bundestages die Leviten liest. Er spricht von einer jetzt über Monate etablierten „untergesetzlichen Parallelrechtsorganisation“ und beklagt, dass auch die neueren Gesetzesvorlagen die „Selbstverzwergung“ des Parlaments leider nicht beenden:

Der Deutsche Bundestag hat am 25. März 2020 den Löffel abgegeben. (.…)  Der Bundestag (…) hat seine Pflicht verraten
(…).
Der Bundestag hat es ermöglicht, dass von der Exekutive Rechtsverordnungen erlassen werden können, die von den Gesetzen abweichen. Auf diese Weise ist in den acht Corona-Monaten eine untergesetzliche Parallelrechtsordnung entstanden. Das hat ungute Auswirkungen; zu diesen Auswirkungen gehören auch die zum Teil völlig irrationalen Proteste gegen die staatliche Pandemiebekämpfung.
(…)
Der Bundestag hat es geduldet, dass per Verordnung Grundrechte auf- und zugedreht wurden – gerade so, als hätte ein Grundrecht Armaturen wie ein Wasserhahn.
(…)
Mit begründungslosen Verordnungen hat die Verwaltung die Versammlungs- und Religionsfreiheit aufgehoben, die Freizügigkeit abgeschaltet, gewerbliche Tätigkeiten massiv beeinträchtigt, das Recht auf Bildung und Erziehung verdünnt; alte und behinderte Menschen wurden nur noch unzureichend versorgt.
(…)
Es hätte die Chance gegeben, Kritik, Skepsis und Empörung parlamentarisch einzubinden und zu verarbeiten. (…) Das Parlament hat die Demokratie beschädigt, weil es dem Volk zu verstehen gab, dass es zu schwach ist für Entscheidungen in Krisenzeiten.
(…)
Dem Parlament liegt zwar am nächsten Mittwoch der Entwurf eines dritten Bevölkerungsschutzgesetzes zur Verabschiedung vor. Dieses Gesetz leistet aber nicht, was es leisten müsste. „Es bleibt so verfassungswidrig, wie es ist“, konstatiert der Regensburger Staats- und Gesundheitsrechtler Thorsten Kingreen (…).
(…)
Die coronale Verzwergung des Parlaments wird nicht beendet. Es ist makaber: Im Verteidigungsfall, dann also, wenn Deutschland militärisch angegriffen wird, hat das Parlament nach den berüchtigten Notstandsgesetzen mehr Rechte als heute nach den Pandemie-Regeln. (…)

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