WELT-Interview mit Gesundheitsökonom Busse: Zahl der Intensivbetten war nie der Engpass

Hinter der Bezahlschranke findet sich bei der Online-WELT am 16.6.21 ein Beitrag, der zumindest ausschnittsweise zur Kenntnis genommen werden sollte:

„Zumindest finanziell sei 2020 ein „goldenes Jahr“ für deutsche Krankenhäuser gewesen, sagt Gesundheitsökonom Reinhard Busse mit Blick auf die Intensivstationen. Der Hauptskandal liegt für ihn jedoch nicht darin, dass sehr viele leere Betten vom Steuerzahler bezahlt worden seien.“
„Der Gesundheitsökonom Reinhard Busse ist Professor an der Technischen Universität Berlin. Er berät das Bundesgesundheitsministerium als Mitglied des Fachbeirats, der Maßnahmen zur Unterstützung der Krankenhäuser in der Pandemie überprüfen soll. Busse hat für einen Untersuchungsbericht für das Ministerium die Finanzen der Krankenhäuser begutachtet.“
„2020 war ein goldenes Jahr für die Krankenhäuser, zumindest finanziell gesehen. Im Schnitt hatten sie deutlich weniger Patienten und zugleich viel höhere Erlöse als 2019.“
„Der erste Rettungsschirm sah für jedes gegenüber 2019 zusätzlich leere Bett pro Tag 560 Euro vor. Das ist sehr großzügig. Das Geld gab es quasi konditionslos. Es reichte, wenn mehr Betten frei blieben. Diese Leerstandpauschale – vom Gesetzgeber „Freihaltepauschale“ genannt – entsprach fast dem, was die Kliniken eingenommen hätten, wenn die Betten belegt gewesen wären.“

„Die Krankenhäuser behaupten, im Jahr 2019 alle Patienten ordnungsgemäß versorgt zu haben, und die Politik erkennt das an. Und es gibt ja bei uns nach Finnland am zweitmeisten Pflegepersonal pro Kopf der Bevölkerung. Das Problem war, dass es sich auf extrem viele Patienten verteilt hat – wir haben ja 50 Prozent mehr Krankenhausfälle als unsere Nachbarländer.Wenn dann aber, wie 2020 geschehen, die Fallzahlen um 13 Prozent sinken, dann sollte pro Patient entsprechend mehr Personal zur Verfügung gestanden haben.“

„Der Hauptskandal ist, dass wir immer schon über die Krankenkassen viel zu große Bettenkapazitäten finanzieren. Der Sektor ist so groß, dass die Krankenhäuser angereizt sind, dort Patienten hineinzulegen, auch wenn es oft nicht notwendig ist. Fest steht: Es gibt sicherlich keinen Engpass an Betten, auch nicht an Intensivbetten.“
„Die Zahl der Intensivbetten war nie der Engpass, und offensichtlich war die Lage außer im März/April 2020 nicht so angespannt, dass Krankenhäuser auf Wahloperationen verzichten mussten.“

 

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