Mit der Initiative VerständigungsOrte wollen Kirche und Diakonie einen Raum schaffen für ehrlichen Dialog. #VerständigungsOrte sollen danach Orte zum Reden und Zuhören, entspannen verhärteter Fronten sein und zu mehr Verständnis und gesellschaftlichen Zusammenhalt beitragen. Eine solche Veranstaltung hat am 30. September in Saalfeld in Thüringen stattgefunden. Dietrich Modersohn hat sie besucht und berichtet nachfolgend:
Bericht über die Veranstaltung „Verständigungsorte“ am 30. September 2025 in Saalfeld/Thüringen https://www.mi-di.de/verstaendigungsorte/karte
Mir wurde zugetragen, dass die Diakonie gerade in Saalfeld Bedarf sieht, darüber zu reden, weil es dort angeblich – ich habe es in meinen 9 Jahren Saalfeld nicht wahrgenommen, war da aber noch blind dafür – eine radikale rechte Szene gibt. Corona ist nach wie vor ein Thema in der Stadt. Die Montagsdemos handeln davon.
Im Stadtteilzentrum Saalfeld-Gorndorf, das zur Diakonie Weimar-Lobenstein gehört, fand das Treffen im großen Saal statt. Dort standen ca. 20 Stehtische, es gab Gebäck und Getränke nett angemacht, es standen ein paar Stuhlreihen dezentral. An der Stirnseite stellten sich dann auf: vlnr. Bischof Kramer, Frau Schmidt (Tattoo-Studio Saalfeld und Jena), Frau Gloser (Kinder- und Jugendberatung Saalfeld), Frau Neumeister (ambulanter Hospizdienst Saalfeld) und Herr Schuch (Präsident Diako Deutschland).
Unter den Gästen im Publikum war u.a. auch ein Kirchenpräsident einer Landeskirche aus den alten Bundesländern, das konnte ich nicht genau eruieren.
Eine angenehme Moderatorin hat uns klargemacht, wie wir einander zuhören können. Erst sollten die 5 Gäste in der Front von ihren Coronaerlebnissen berichten, dann sollten wir in 4er-Gruppen an die Tische gehen und möglichst mit uns unbekannten Menschen, jeder 2 min, das 3mal, miteinander über dieses Thema ins Gespräch kommen. Danach würde es eine Abschlussrunde geben.
Die Berichte von vorn waren eindrücklich. Nach meiner Wahrnehmung berichteten alle 5 ehrlich und offen, wie sie die Zeit wahrgenommen hatten. Mir fiel auf, dass Herr Schuch uns vor einer neuerlichen Pandemie, die kommen würde, warnte. Wir sollten also diskutieren um darauf vorbereitet zu sein.
Mir fehlte meine Wahrnehmung zu diesem Thema komplett. Es waren letzlich Berichte von Betroffenen, die aber ansonsten alle Maßnahmen für richtig hielten, mit kleinen Einschränkungen.
Am Tisch zu viert wurde es dann ganz anders. Hier waren die generellen Kritiker in der Überzahl. Bei mir 3 zu 1, die anderen Tische nach meiner Einschätzung ähnlich. Die 5 aus der Front hatten auch jeder einen Tisch. Sie berichteten dann im Abschluss von ihren Gesprächen und dankten für die offenen Worte. Sie hätten viel dazugelernt. Die Kritik, die generelle Kritik, ließen sie sehr eingeschränkt hören – vielleicht hatten sie sie auch nicht so wahrgenommen. Aber das wurde immerhin angesprochen.
Danach hatten wir noch weiter Gelegenheit, untereinander zu reden, die 5 von vorn redeten selbst nur miteinander. Ich hatte das Glück, dass dann ein mir gut bekannter Onkologe aus Saalfeld zu mir kam. Wir kamen tatsächlich gut ins Gespräch, unsere Aufmerksam und der Wille zum Zuhören war geschärft. Er erzählte mir von den Behandlungen der Coronakranken und wie sie an Luftmangel gestorben seien. Ich konnte ihm meine Sicht erzählen von meiner Kritik an den Behandlungsprotokollen, die die Ärzte einzuhalten hatten oder meiner Anfrage, warum Ärzte nur die Symptome und nicht die Ursachen behandeln. Wir haben uns gezofft aber gut zugehört.
Der Chef der Diakonie Weimar-Rudolstadt als Gastgeber sprach am Ende von einer „Sternstunde“, die wir hier erlebt hätten, weil wir so gut ins Gespräch gekommen seien. Ich kann das bestätigen, aber die kritischste Stimme mit der generellen Infragestellung aller dieser Maßnahmen und wo sie herkamen und wer sie angezettelt hat, kam nicht vor. Es war ein Anfang.
Zuletzt habe ich mich in die Gruppe der 5 von vorn gedrängelt und mein Anliegen formuliert. Mir hat der Bischof, der Diako Weimar-Lobenstein Chef und die Moderatorin zugehört. Ich habe sehr eindringlich deutlich gemacht, dass ich von Kirche und Diakonie nichts mehr wissen will, bis endlich ein Gesprächsformat stattfindet zwischen Wissenschaftlern beider Seiten – Coronamaßnahmenbefürworter und -kritiker -, damit wir Menschen uns wirklich ein Bild machen können, wer hier Quatsch redet und wer die Fakten hat. Der Bischof meinte, das ginge nicht, sie wären ja nicht bei der Kirche angestellt…. Meine Antwort: „Nein, wir brauchen einen geschützten Raum, in den der Staat nicht reindiffamieren kann.“ Bischof: „Oh, das ist ein gutes Format.“
Eine Idee, die heute daraus in meinen Kopf kam: Ist es eigentlich möglich, dass der sächsische oder thüringer Corona-Untersuchungsausschuss so ein Format, bei dem anerkannte Wissenschaftler der ablehnenden und der befürwortenden Seite zu den Coronamaßnahmen im Streitgespräch diskutieren müssen, anordnet? Ich finde, das hat bisher nirgends stattgefunden. Wie sollen wir Menschen uns aber ein Bild machen und erkennen, wer nun die Argumente hat, wenn eine Seite, die Kritiker, nicht zum Diskurs mit den Befürwortern zugelassen sind?“
Dietrich Modersohn, Jena








